In Schwaz lebte ein Mann namens Dieteler, der keine größere Freude kannte als den Vogelfang. In jeder freien Stunde zog er mit Lockvögeln und Leimruten hinauf auf die
Goaslahn, wo er auf einer Waldblöße den gefiederten Sängern auflauerte.
An einem Sonntagmorgen saß der Dieteler wieder auf der Goaslahn und gedachte seinen Fang so zeitig zu
beenden, daß er noch zur Zehnuhrmesse in der Pfarrkirche zurechtkomme. Da sah er auf einmal einen besonders schönen Gimpel, den er mit aller Leidenschaft zu fangen strebte. Doch der Vogel
flatterte immer wieder fort und lockte den Dieteler so lange, bis die Schwazer Glocke zur Zehnuhrmesse läutete. In seinem Jagdfieber achtete der Dieteler nicht auf die Mahnung der Glocke,
sondern nur auf den Gimpel, der endlich doch an der Leimrute zappelte.
Der Vogelfänger nahm die seltene Beute ab, sperrte den Gimpel in einen Käfig und trug ihn frohgemut auf dem
Rücken nach Hause. Er dachte nicht mehr an die versäumte Zehnuhrmesse, spürte aber, daß die Last auf seinem Rücken immer schwerer und schwerer wurde. Endlich stellte der Dieteler die
Kraxe mit der Vogelsteige zu Boden und sah nun zu seinem Entsetzen, daß der Gimpel ganz aus Feuer bestand und riesengroß geworden war.
Da schlug der Dieteler ein Kreuz und warf die
Kraxe samt dem Gimpel über einen Felsen in die Tiefe, worauf der feurige Vogel in die Luft flog, einen lichten Streifen hinterlassend. Nun erkannte der Dieteler, daß ihn der Teufel durch
den schönen Lockvogel vom rechtzeitigen Besuch der Messe abgehalten hatte. Von nun an versäumte der Vogelfänger nie wieder seine Sonntagspflicht.
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