Zwischen der alten, damals noch kleinen Stadt Innsbruck und dem Dorfe Mühlau lag einst eine merkwürdige unerforschte Höhle, deren Geheimnis die Innsbrucker gar sehr lockte.
Aber es getraute sich niemand in den finsteren Eingang der Höhle. Endlich verfiel man auf einen sonderbaren Ausweg. Zwei Wildschützen saßen schon lang im Gefängnis des Kräuterturms und
sehnten sich nadi Freiheit. Den beiden versprach man nun das Ende ihrer Haft, wenn sie das Wagnis unternehmen würden, in die Höhle einzudringen. Das war etwas für die beiden
abenteuerlichen Gesellen, sie nahmen genügend Mundvorrat und Stricke mit und stiegen furchtlos in das Innere der Höhle.
Tag um Tag verging, ohne daß die beiden Wildschützen wieder
zum Vorschein kamen; endlich, nach zwölf Tagen, erschienen sie wieder auf der Erdoberfläche, aber weit von Innsbruck entfernt - in der Nähe von Kitzbühel. Von ihren Erlebnissen in der
Unterwelt erzählten die Burschen folgendes: in den ersten beiden Tagen nach dem Einstieg seien sie, als die Windfackeln erloschen waren, weitergetappt. Endlich kamen sie wieder ins Freie
auf ein großes, weites Flachland und bemerkten in der Ferne mehrere Dörfer. An einem rauschenden Wasser vorbei stiegen sie in eine gebirgige Gegend auf, mußten steile Klippen und tiefe
Abgründe überwinden und gerieten wieder in Finsternis. Endlidi sahen sie aus einem Haus Licht schimmern, traten näher und erblickten durch das Fenster in der Stube eine Leiche aufgebahrt,
bei der mehrere Frauen weinten.
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