Das Riesenmädel

Ein Bauer zu Landeck nahm vor Zeiten ein riesengroßes und baumstarkes Mädchen in seinen Dienst und hatte es nicht zu bereuen. Denn die Dirn arbeitete für drei Knechte, trug allein einen großen Zuber voll Wische zum Brunnen und stiftete durch ihre Stärke oft sogar im Wirtshaus Ruhe, wenn die hitzigen Köpfe der Zecher aneinandergerieten. Denn die schneidigsten Burschen fürchteten sich vor der Riesin, die den stämmigsten Kerl mit einer Hand auflupfte.

Ihrem Bauern diente die Riesin getreulich viele Jahre, und solange sie im Haus war, herrschten auch Glück und Segen unterm Dach. Der Bauer gewann die Dirn, die außerdem ein schönes, lebfrisches Weibsbild war, lieb und wollte sie nimmer lassen.

Aber eines Nachts tönte aus der Kammer der Magd jammervolles Schluchzen und Weinen, und als der Morgen graute, war die Kammer leer, die Dirn verschwunden. Vielleicht hat das Verlangen des Bauern, die Riesin ganz an sich zu binden, die Dirn wieder in die einsame Bergwelt hinaufgetrieben, aus der sie einst zu den Menschen niedergestiegen war, um ihnen freiwillig, ohne Zwang und Bindung, zu dienen.

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