Das Wunder von Kaltenbrunn

Ein Wennser Bauer haßte ohne Anlaß sein frommes Weib tödlich und hegte einen teuflischen Plan. Heuchlerisch versuchte er die Frau zu bewegen, mit ihm eine Wallfahrt zur Muttergottes nach Kaltenbrunn zu unternehmen. Die Bäuerin willigte ein, und das Ehepaar stieg, unterwegs den Rosenkranz betend, nach Kaltenbrunn auf. Als die beiden auf dem Piller Paß beim sogenannten "jahen Blick" angekommen waren, zeigte der tükkische Bauer seinem Weib die romantische Aussicht in die Tiefe gegen die Pontlatzer Brücke und stieß plötzlich die Arglose mit einem jähen Ruck über die steil abfallende Felswand.

Nach der unseligen Tat stieg der Bauer weiter nach Kaltenbrunn auf, als wollte er für sein verunglücktes Weib beim Gnadenbild beten. Wie aber erschrak der Mörder, als er sein Weib in der Wallfahrtskirche zu Kaltenbrunn unversehrt wiedersah. Die Bäuerin hatte während des Sturzes die Hilfe der Muttergottes von Kaltenbrunn angerufen, fiel ganz sanft und unverletzt auf eine Wiese auf und eilte auf einem Abkürzungssteig zur Kirche, um Maria für ihre wunderbare Rettung zu danken.

Das edle Weib verzieh dem Gatten, dessen haßerfüllter Sinn sich in Liebe wandelte, die ruchlose Tat. Beide empfingen in der Gnadenkirche die Sakramente und lebten bis an ihr Lebensende in Frieden.

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