Einst war die Gegend um Schwendau viel fruchtbarer als heute, aber auch die Schwendauer waren hochmütiger und hartherziger; wenn ein Armer durch den Ort kam, erhielt er
keine milde Gabe, sondern nur rauhe Worte oder höhnische Zurufe.
Da wollte sich eines Tages Unser Herr selber überzeugen, ob die Schwendauer wirklich so unbarmherzig seien. In
Gestalt eines Bettlers wanderte der Heiland von Haus zu Haus, wurde aber überall abgewiesen, bis er am Ende des Dorfes zu einer rußigen Schmiede kam, in der ein altes Mütterlein hauste,
das dem Bettler bereitwillig ein bescheidenes Nachtquartier gewährte.
Mitten in der Nacht erwachte das Schmiedmutterl durch ein furchtbares Tosen und Rauschen; der
hochangeschwollene Sidanbach überschwemmte ganz Schwendau und verwandelte das blühende Dorf in eine Steinwüste. Vor das Schmiedhaus aber trat der göttliche Bettler, breitete schützend
seine Arme aus und sprach auf gut zillertalerisch:
So wurde vom ganzen Dorf nur das einzige Haus des barmherzigen Mütterleins vor der Zerstörung gerettet. Man zeigte noch lange das einfache, holzgetäfelte Stübchen, in dem
damals der Heiland übernachtet hat.
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