Der Montiggler Wilde

In der Nähe des Montiggler Sees stand im Walde eine halbverfallene Hütte, in der ein riesenhafter, wilder Mann von ungeheurer Stärke hauste. Wer sich zur Nachtzeit in den Montiggler Wald wagte, kam selten mehr zurück; dem Wilden gelüstete nach Menschenfleisch, daher überfiel er manchen Wanderer, von dem man am nächsten Morgen nur mehr die abgenagten Knochen fand.

Eines Tages kam der wilde Mann nach Schreckbühel und holte sich aus dem Stall eines Bauernhofes ein Paar Ochsen, mit denen er Steine zum Ausbau seiner Hütte herbeiführen wollte. Dem Bauern bangte um seine Ochsen, aber am nächsten Morgen standen die Tiere wieder wohlbehalten im Stall und waren so fett und wohlgenährt, als wären sie gemästet worden.

Als man längere Zeit vom Montiggler Wilden nichts mehr gesehen und gehört hatte, wagten sidi einige Bauern in seine Hütte. Drinnen war es unheimlich still; im Fußboden war eine große Grube ausgehöhlt, in welche die Männer voll Neugierde hinabstiegen. Kaum waren sie drunten, so drehte sich die Grube so schnell, daß den Leuten der Kopf brummte. Die Wände der Grube schimmerten wie von hellem Golde; als das Drehen aufhörte und die Bauern wieder aus der Vertiefung stiegen, war der Goldglanz verschwunden. Der wilde Mann aber, den wohl der Erdboden verschluckt oder der Satan geholt hatte, wurde seither in der Gegend nicht mehr gesehen.

tirolkarteklein