Hexen im Stamser Stiftskeller

In Mötz lebte vor vielen Jahren eine Witwe, die drei gute Freundinnen hatte, mit denen sie öfters zu einem Plausch zusammenkam. Eines Abends luden die drei Freundinnen die Witwe zu einem Spaziergang ein. Als die Arglose mitging, standen auf der Landstraße vier Geißböcke als Reittiere bereit. Die Freundinnen - es waren Hexen - zwangen die Witwe, aufzusitzen, und nun ging's in wildem Ritt durch die Luft.

Als die Fahrt beendet war, landeten die vier Weiber im Stamser Stiftskeller, wo sich die Hexen daranmachten, aus den mächtigen Weinfässern einen köstlichen Labetrunk abzuzapfen.

Die Witwe wollte aber nichts von solcher Hexenzecherei wissen und überhäufte ihre Freundinnen mit Vorwürfen, so daß auch denen die Lust am Weinkosten verging. Plötzlich waren die drei Hexen samt den vier Böcken verschwunden, die Witwe aber saß unbekleidet im versperrten Keller. Sie schrie um Hilfe und bat die herbeieilenden Leute um ein Gewand, bevor sie befreit wurde.

Das allerärgste Stückchen hatten die Hexen in der Wohnung der Witwe verübt, denn dort lag während des nächtlichen Abenteuers eine Gestalt, die der Witwe täuschend ähnlich sah, friedlich schlummernd im Bett.

Als die wirkliche Witwe heimkam, erkannte sie entsetzt das Blendwerk, das bei ihrem Aufschrei sogleich verschwand. Die drei Hexen wurden dem Gericht übergeben; der Stamser Stiftskeller aber hat durch die Standhaftigkeit der Witwe kein Tröpflein seines Weines an die durstigen Hexen verloren.

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