Sagen von der Engelswand

Zwischen Umhausen und Längenfeld ragt ein steiler Felsen empor, die Engelswand. Der Name stammt von einem Begebnis in uralter Zeit, da ein Graf von Hirschberg, dessen Burg bei Umhausen stand, eines Abends mit seiner Gemahlin und ihrem Knäblein in der Nähe lustwandelte. Das Kind spielte in den blühenden Wiesen und erfreute sich an den duftenden Blumen.

Plötzlich schoß aus der Luft ein Geier nieder, ergriff mit seinen Fängen den Knaben und trug ihn hoch hinauf in das Nest am oberen Rand der Felswand. In namenlosem Schrecken flehten die Eltern um Hilfe zum Himmel. Da erschien ein Engel in lichtem Gewand, nahm dem Geier das Kindlein aus den Krallen, flog mit ihm ins Tal und legte den Knaben den beglückten Eltern wieder in die Arme.

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Seither begeben sich an der Engelswand oft sonderbare Dinge. Vor Jahren kam ein Fuhrmann auf dem Weg von Längenfeld nach Hall an der Engelswand vorüber und hörte von droben den lauten Ruf: Auf, auf! Es kommt die Rößlerin von Hall!" Der Fuhrmann sah an der Wand ein großes eisernes Tor auffliegen, das gleich darauf wieder zugeschlagen wurde und dann im grauen Felsen nicht mehr zu erkennen war. Kopfschüttelnd zog der Fuhrmann weiter und erfuhr in Hall, daß eine seiner Kundschaften, die Rößlerin, in der gleichen Stunde, da er die merkwürdige Erscheinung an der Engelswand gesehen hatte, gestorben war.

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