Auf einem Schloß hoch über dem Wipptal herrschte ein rauher Ritter namens Serles, der seine Untertanen hart bedrückte und in seinem wilden Sinn kein Erbarmen kannte. Einst
jagte er mit seinen beiden Söhnen, die dem Vater an Grausamkeit und Herzenshärte glichen, über Wiesen und Felder, ohne das reifende Korn zu schonen. In ihrem Übermut hetzten die drei auch
das Weidevieh mit Hunden, bis es verendet zusammenbrach. Das Flehen und Bitten eines alten Bauern, dessen Ernte unter den Hufen der Rosse zerstampft ward, rührte den Ritter und seine
Söhne nicht; mit Hohn, Spott und Peitschenhieben jagten sie den Bauern aus dem Weg. Der aber sprach in seinem Grimm einen furchtbaren Fluch aus über die Frevler, welche Gottesgabe und
Menschenfleiß mißachteten. Und der Himmel rächte die Untat. Droben über dem Joch, wo einst die Burg des Serlesritters stand, erhebt sich die dreigeteilte Serlesspitze: Ritter Serles
und zur rechten und linken Seite seine Söhne sind es, die zur Strafe für ihre Sünden zu Fels erstarrten. So wuchtet bis heute in majestätischem Aufbau die Berggestalt der Serles oder
Waldrastspitze, einem Felsaltar mit zwei Seitenflügeln gleich, über dem Stubaital.
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