Unser Herr im Elend

In der Pfarrkirche zu Matrei wird eine uralte Holzstatue, den dornengekrönten Heiland mit dem Spottmantel darstellend, im Volksmund Unser Herr im Elend genannt, verehrt. Das Gnadenbild wurde der Sage nach im Jahre 1210 von dem frommen Ritter Heinrich von Aufenstein, der eine Pilgerfahrt ins Heilige Land unternommen hatte, mitgebracht.

Zu jener Zeit saß auf der Feste Raspenbühel ein gottloser Ritter, dem das Gnadenbild und seine Verehrung ein Greuel waren und der in seinem Haß den Mesner bestach, daß er zur Nachtzeit die Statue des Erlösers in die Sill werfe. Der Frevel geschah; aber siehe, am nächsten Morgen stand Unser Herr im Elend wunderbarerweise wieder auf dem Altar. Dreimal wurde das Gnadenbild auf Geheiß des Ritters in den Fluß gestürzt, aber immer wieder stand es am nächsten Morgen auf seinem alten Platz.

Das Gemüt des Raspenbühlers ward durch dieses Wunder nicht gerührt, endlich aber sollte auch ihn der Ruf der Gnade treffen. Seine Gemahlin lag in schweren Kindesnöten, und nun griff die Reue tief ins Herz des Ritters. Er eilte in die Kirche, sank vor Unserem Herrn im Elend in die Knie und flehte unter Tränen um Vergebung und Hilfe. Der Herr erhörte die Bitte des Sünders, des Ritters Gemahlin gebar einen gesunden Knaben; seither gehörte der Raspenbühler selbst zu den eifrigsten Verehrern des Gnadenbildes.

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