Lebte da zu Tiers ein junger, flinker Bauernbursche, der Jager-Hansl, dem die schönste Tierser Dirn, die Schellenberger Lene, im Sinn lag.
Sein Leben hätte der Hans
für die Lene gegeben, die Stolze machte sich aber einen Spaß daraus, den verliebten Burschen zum besten zu halten. Als Hansl das Mädchen eines Abends wieder in Liebe bestürmte, zeigte die
Lene durchs Fenster auf den leuchtenden Rosengarten und sprach: Wenn du mich wirklich so gern hast, Hansl, so steig doch auf den Rosengarten und bring mir ein Rösl herunter, dann bin ich
dein!"
Der Bursche ließ sich's nicht zweimal sagen und stieg noch in der gleichen Nacht hinauf zum Rosengarten, um das Liebespfand zu holen. Aber er kam nicht wieder; nur
seinen Hut mit einer wunderschönen, blutroten Rose hinterm Band fanden später die Tierser hoch droben in den Felsen, die zum Gartl führen.
Der Jager-Hansl war, so glaubten die
Tierser fest, droben in den Rosengarten eingebrochen, hatte ein Röslein für seine Liebste gepflückt und war dadurch dem Zauber verfallen, welcher jeden umstrickt, der in das
geheimnisvolle Reich eindringt. Droben herrscht eine verwunschene Prinzessin mit ihrem königlichen Vater und hütet sorgsam die Rosen ihres Felsengartens. Wird eine von Menschenhand
gebrochen, so fällt der Rosenräuber in einen tiefen, zauberhaften Schlaf, der fünfzig Jahre dauert.
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