Doktor Faust in Innsbruck

Als Kaiser Karl V. in der Innsbrucker Burg Hof hielt, brachte er in seinem Gefolge auch den Doktor Johannes Faust mit, der nicht nur durch seine Heilkunst, sondern auch durch merkwürdige Zaubereien weitum bekannt war.

Um seinen Gästen nach der Mittagstafel eine besondere Überraschung zu bieten, forderte eines Tages der Kaiser den Doktor Faust auf, eine Probe seiner Schwarzkunst zu geben. Vielleicht sei es ihm, dem Doktor Faust, gar möglich, den aus der Geschichte des Altertums so berühmten König Alexander den Großen und seine Gemahlin Roxane erscheinen zu lassen, und zwar so, wie sie einst im Leben gewandelt. Der Doktor versprach, die Bitte des Kaisers zu erfüllen, nur dürfe niemand, auch nicht die Kaiserliche Majestät, mit den erscheinenden Gestalten ein Wort reden, sonst würden sie augenblicklich in leere Luft zerfließen. Doktor Faust begann sein beschwörendes Werk, und siehe da, aus der offenen Türe trat Alexander der Große in den Saal, zwar nicht so, wie man sich den kühnen Welteroberer vorstellt, aber so, wie er wirklich gelebt hatte; ein untersetzter Mann mit dichtem, feuerrotem Bart und Augen, die so furchtbar blickten, wie die eines Basilisken. In seinem prächtigen, blanken Harnisch ging Alexander an Kaiser Karl vorüber und verbeugte sich höflich. Schon wollte Karl, von dieser Huldigung überrascht, aufstehen und dem Gast aus dem jenseits die Hand reichen, da winkte Doktor Faust energisch ab. Alexander schritt würdevoll weiter durch den Saal und verschwand in der gegenüberliegenden Türe.

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