Vom Riesen Haymon

Als Haymon dies gewahrte, legte er sich eines Nachts auf die Lauer. Sich und sein Schwert mit dem Kreuzzeichen segnend, trat er dem Drachen entgegen. Es entspann sich ein furchtbarer Kampf, von dem die ganze Gegend ringsum erdröhnte. Endlich blieb Haymon nach heißem Ringen Sieger; er tötete das Untier und riß dem Drachen als Zeichen des siegreichen Kampfes die ellenlange Zunge aus dem Schlund.

Fortan konnte der Bau des Klosters zu Wiltau, in der "wilden Au", ungestört fortschreiten; nach der glücklichen Vollendung schleuderte Haymon einen mächtigen Felsblock mit aller Kraft in die Richtung gegen Ambras. So weit der Stein flog, gehörten die Acker ringsum dem neugegründeten Kloster und waren frei von allen Lasten und Abgaben. Man sah den Felsblock lange Zeit noch mitten in den Ambraser Feldern liegen. Haymon trat als Büßer in das Wiltener Kloster und starb nach einem gottgefälligen Leben angeblich im Jahre 878 n. Chr.

Haymons Leib soll samt der Drachenzunge unter dem Hochaltar der Stiftskirche begraben worden sein, doch sind seine Gebeine nie gefunden worden. In der alten Friedhofskapelle zu Wilten stand lange das hölzerne Bild des Riesen, der in der einen Hand das Schwert, in der anderen die Zunge des Drachen trägt. Vor Jahren ist die Holzstatue Haymons in die Stiftskirche übertragen worden, wo sie links neben dem Eingang aufgestellt wurde und bei dem Bombenangriff am 13. Juni 1944, der die Vorhalle zerstörte, Beschädigungen erlitt.

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