Im Volksmund wird Greifenstein meist Sauschloß" genannt. Als Herzog Friedl mit der leeren Tasche die Raubburg bedrängte, auf der die kühnen Starkenberger saßen, drohte
den Belagerten bereits Hungersnot, so daß die Übergabe des Schlosses unvermeidlich schien. Da griffen die Starkenberger zu einer verzweifelten List; sie warfen ihr letztes Schwein wie zum
Hohne über den Burgfelsen in das Lager der Herzoglichen, die nun im Glauben, daß auf der Burg noch Überfluß an Nahrungsmitteln herrsche, die Belagerung aufhoben und abzogen.
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Ein Geißhirt, der öfters in der Nähe des Burgfelsens hütete, stieg eines heißen Tages nach Greifenstein hinauf, um in den Ruinen ein schattiges Plätzchen zum Mittagsschlaf
zu suchen. Wie staunte der Hirte, als er droben statt der Mauertrümmer ein herrliches Schloß sah. Zaghaft trat er durch den Hof, stieg über die blanke Marmortreppe und fand in einem
großen Saal auf goldenem Sitz eine wunderschöne Jungfrau, die wie aus einem Traum erwachte. Sie winkte dem Knaben, führte ihn zu einem Tisch, der mit Gold und Edelsteinen beladen war, und
sprach: “Wähle das Beste in diesem Saal, dann ist dir und mir für alle Zeit geholfen!"
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