Kaum hatte es in Unterinn zwölf Uhr geschlagen, da ritten Hexen von allen Seiten herbei, die einen auf schwarzen Pferden, andere auf geflügelten Drachen, wieder andere auf
Besen und Mistgabeln. Voran sprengte auf einem Schwein die berüchtigte Pachlerin aus dem Sarntal, begleitet von der Pammerer Hexe, des Teufels Lieblingsfrau. Auch die Melterin aus Gasters
und die Amtsmännin von Lengmoos erkannte der Siffianer im Hexenschwarm.
Immer enger schloß sich der Ring der Hexen um den Stein, auf dem der Knecht angstzitternd saß. Endlich
ermannte er sich, sprang vom Sitz und entrann durch die letzte kleine Lücke dem Hexenkreis. Erst beim Betläuten kam der Knecht atemlos daheim an; seine Haare waren über Nacht schneeweiß
geworden.
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Auf einer Wiese bei Maria-Schnee in Oberbozen stand in früherer Zeit ein sogenannter Vogeltennen, der zum Vogelfang benützt wurde. Der Stadel diente aber außerdem den
Rittner Hexen als Unterkunft und Tanzboden.
In einer Donnerstagnacht stieg ein Vogelsteller zum Tennen auf, um Leimruten und Schlagelen aufzurichten. Im Stadel drinnen hörte der
Mann Musik und Lärm einer lustigen Tanzgesellschaft. Als der Vogelfänger keck die Türe des Stadels aufriß, überrannte der Mann ein Schwarm kreischender Hexen, die auf Ziegenböcken und
Besen in alle Winde stoben.
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