Spuk auf Hauenstein

Mit höhnenden Worten spottete der Ritter: "Laß dein Gejammer, Alte, setze dich hurtig auf das leere Rößlein, das hinter unserem Zug trabt, und reite deinen Söhnen nach, dann ist die Siebenzahl voll!"

Da richtete sich die Alte auf, reckte ihre Hand zum Himmel und schrie dem FrevIer zu: "Ich reite heute nodi meinen Söhnen nach, doch ihr alle miteinander reitet mir voran, so wahr ein Gott im Himmel lebt!"

Die Gäste im Hauensteiner Schloß ließen sich durch den Fluch der Bettlerin in ihrem Übermut nicht stören; Musikklänge und Tafellärm dauerten bis Mitternacht. Da dröhnte ein furchtbarer Schlag an das Burgtor, daß Ritter und Frauen entsetzt aufhorchten. Die Pest pochte ans Tor und rief die Rittersleut zum Heimritt.

Die Gerufenen wurden von unentrinnbarer Gewalt aus dem Schloß getrieben; draußen scharrten und wieherten gespenstige Rosse, der Schwarze Tod hauchte die Gäste an, flugs mußten sie aufsitzen, und im Galopp ging es über die Seiser Felder zum Pestfriedhof. Den Schluß des Zuges bildete die Alte, die auf einem Pferd mit dem wilden Ruf einherritt: “Sechs waren es gestern, heut sollen's dreizehn sein!"

tirolkarteklein