Wiesjaggl und Reck

Seit diesem Tag waren die beiden Burschen Freunde und übten meist gemeinsam ihre Zauberkünste. Der Reck war im gewöhnlichen Leben ein Schmied und wollte mit Hilfe des Wiesjaggl ein Zauberfangeisen für Füchse anfertigen, dem kein Buschschwanz entgehen sollte. Im Pitztal, in der Schmiede des Reck, schlugen die beiden Zauberer in der Heiligen Nacht während des Engelamtes das glühende Eisen auf dem Amboß weich und wollten mit Zaubersprüchen das Fangeisen schmieden. Da ihnen aber ein einziges Wort des Zauberspruches nicht einfiel, schlug das Feuer aus der Esse ins Freie und legte das ganze Anwesen des Reck in Asche.

Einst schlief Wiesjaggl auf einem gemeinsamen Jagdgang während der heißen Mittagszeit unter einem Baum. Da zog ihm der Reck das Zauberbuch aus der Tasche, um heimlich die Kunst zu erlernen, sich in ein Tier zu verwandeln. Als der Jaggl aufwachte, lief statt des Pitztalers eine winzige Bergmaus vor ihm hin und her über den Berg hinauf. Der Jaggl wußte, wer in der Bergmaus steckte, setzte sich auf einen Stein, aß gemütlich seinen Speck und bannte die Bergmaus. Das arme Tierchen konnte sich nun nicht mehr vom Fleck bewegen, pfiff und winselte zum Erbarmen. Doch der Jaggl schnitt nur ein schlaues Gesicht, kümmerte sich nicht weiter um das Mäuslein und ging seiner Wege. Erst als es Abend wurde, kehrte er vom Pirschgang zurück und hob nun den Bann über die Bergmaus auf, so daß der Reck wieder seine menschliche Gestalt annehmen konnte.

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