Wiesjaggl und Reck

Nun schwur der Pitztaler dem Wiesjaggl furchtbare Rache. Er verband sich mit einer Hexe und heckte mit ihr einen tückischen Plan aus. Als der Jaggl einmal in der Nähe des Urkundberges weidwerkte, sah er eine prächtige Gemse und verfolgte sie im Jagdeifer bis auf den Gletscher. Da verwandelte sich an einer großen Spalte des Ferners die Gemse, die eigentlich nur die verzauberte Hexe war, in eine Schneedecke, die sich über den Spalt legte. Der Jaggl trat auf die trügerische Schneebrücke, brach ein und stürzte haltlos in die eisige Tiefe. Über dem Spalt aber schrillte das höhnische Ladien der Hexe. Da steckte nun der Wiesjaggl tief im Gletscher und sah keine Hilfe. Seine große Not lehrte ihn beten, er bereute sein sündiges Treiben und gelobte eine Wallfahrt nach Kaltenbrunn, wenn er diesmal noch mit dem Leben davonkomme. Richtig, nach vieler Mühe gelang es dem Jaggl, Stufen in das Gletschereis zu schlagen und sich aus der Spalte herauszuarbeiten. Getreulich hielt der gerettete Jaggl sein Wort und pilgerte nach Kaltenbrunn, wo ihm der Beichtvater eine besondere Buße auferlegte. Er müsse nachts in der Wallfahrtskirche sich auf die Totenbahre unter das Ewige Licht legen, als ob er schon gestorben wäre. Der Jaggl dürfe aber, was immer auch geschehe, sich nicht mucksen und keinen Laut von sich geben.

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