Das Bergmännlein auf der Nordkette

Auf dem Hohen Anlaß, einem Berg bei Hall, lag einst ein junger Geißhirt aus Thaur und sonnte sich behaglich. Da stieg mühsam ein ganz kleines Mandl, in altertümliche, schwarzsamtene Tracht mit eigenartigen Schnallenschuhen gekleidet, den Berg empor und fragte das Büblein, wo denn der Hohe Anlaß sei. Auf die Antwort des Hirten, daß es eben dieser Berg sei, legte das Männlein sein Felleisen ab, trocknete sich den perlenden Schweiß von der Stirn und begann mit seinem Bergspiegel den Boden zu untersuchen. Bald schien es das Rechte gefunden zu haben, schnitt ein Rasenstück heraus und formte aus der feuchten Erde dreizehn kleine Kugeln. Zwölf Kugeln schob der Zwerg in seine Tasche, die dreizehnte schenkte er dem Hirten.

Eines Tages erzählte der Thaurer einem Bergmann seine Begegnung mit dem Männlein und holte die Kugel hervor. Siehe, da war aus der feuchten Erde ein Goldklumpen geworden, welchen das Haller Münzamt dem überraschten Hirten gegen eine große Summe einlöste, so daß sich der Bursche ein schönes Bauerngut kaufen konnte. So oft er aber auch später auf den Hohen Anlaß stieg, um den Platz zu suchen, aus dem das Zwerglein die Golderde gestochen, nie wieder fand er jene geheimnisvolle Stelle.

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