Der Lauterfresser

Der Lauterfresser verstand wie kein anderer das Wettermachen. Dazu verwendete er sein Zauberröhrl, den Federkiel einer weißen Gans, darin er Farnsamen, der beim Schein eines Kometen gesammelt worden war, eine Totennadel und eine Beißwurmzunge verwahrt hatte. Wenn der Lauterfresser in dieses Röhrl blies, dann schneite es mitten im Sommer; ja, einmal ließ der Zauberer sogar in einer Bauernstube zu Vintl zur größten Freude der Kinder dichte Schneeflocken niederwirbeln.

Wollte der Lauterfresser Unwetter machen, so warf er Weiberhaare, Kehricht, Tannennadeln, Totennadeln, Späne von Glockenspeise und Steine in einen Wassertümpel, rührte alles durcheinander, und alsbald fiel Regen, Hagel oder Schnee. Einmal wollte der Lauterfresser in seinem Zorn den ganzen Antholzer See auslassen, was ihm glücklicherweise nicht gelang, so daß Antholz vor dem Untergang bewahrt blieb.

Zu St. Andrä bei Brixen lebte ein anderer Wettermacher namens Tschaföger, der auf einem kleinen, hölzernen Baurnschlitten Sommer und Winter aufwärts und abwärts blitzschnell rodeln konnte. Mit diesem Zauberer verband sich der Lauterfresser zu einem gemeinsamen großen Wettermachen; der Tschaföger setzte sich auf den Plosegipfel, der Lauterfresser nahm am Radlsee Platz, und bald ging ein furchtbares Hagelwetter über die Brixner Gegend nieder. Erst als die Wetterglocken von allen Türmen läuteten, hörte der Hagelschlag auf. Der Lauterfresser aber fluchte und schrie, er hätte das ganze Land überschwemmt und vernichtet, wenn nicht die Geißschellen von Rodenegg, der Neustifter Stier, die Muspfanne von Latzfons - das waren die Namen der Wetterglocken - so gelärmt hätten.

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