Auf einer seiner geheimen Fahrten, der er, in der Tarnkappe unsichtbar, durch die Lande unternahm, erblickte Laurin einst auf einem Blumenanger vor der Burg zu Steier
Kühnhilde, des Schloßherrn Tochter, in ihrer jugendlichen Schönheit. Das Herz des Zwergenfürsten entbrannte in Liebe zu dem holden Menschenkinde; Laurin schlich sich an Kühnhilde heran,
nahm sie flugs unter seine Tarnkappe und entführte die nun Unsichtbare durch die Luft in sein unterirdisches Schloß im Rosengarten.
Auf der Steirerburg herrschten Schrecken und
Trauer, denn niemand wußte, wohin die schöne Kühnhilde plötzlich entschwunden war. Endlich machte sich der junge Ditleib von Steier auf, um die Schwester zu suchen, und kam auf
abenteuerlicher Fahrt auch an den Sitz des Gotenkönigs Dietrich nach Bern (Verona). Der hörte im Kreise seiner Freunde, des alten Hildebrant, seines Waffenmeisters, dessen Neffen Wolfhart
und des Recken Wittich, die Erzählung Ditleibs und beriet mit seinen Mannen, was da zu tun sei. Da meinte Hildebrant, Kühnhildes Räuber könne nur der Zwergkönig Laurin sein, der allein
die Tarnkappe besitze und sich damit den menschlichen Blicken entziehe; den müßte man in seinem Felsenschloß aufsuchen. Dietrich, der trotz seines Waffenruhmes noch nie gegen Zwerge
gekämpft, war schnell zur Fahrt bereit und lud die Freunde ein, ihm ins Rosengartenland zu folgen.
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